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Die Fahndung nach dem “titular real”, dem wirtschaftlich Berechtigten im spanischen Recht

21 August 2018

Den Begriff der “Geldwäsche” gibt es schon lange in unserem Sprachschatz, schon aus alten Mafia-Filmen weiß man, dass Verbrecherorganisationen sich bemühen, illegal erlangtes Geld in den regulären Wirtschaftskreislauf einzuschleusen, legendär sind dabei Pizzerias und Waschsalons. Was aber vor vielen Jahrzehnten einmal eine Fiktion war, die man aus dem Kinosessel vergnüglich betrachten konnte, ist heute eine Realität, die praktisch jeden einzelnen von uns betrifft.

Dabei begann alles eigentlich ganz harmlos: im Oktober 1993 wurde ein “Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten” erlassen sozusagen, das “Ur-Geldwäschegesetz”, wer sollte da schon etwas dagegen haben und wer war davon schon betroffen?

15 Jahre später sah alles schon deutlich anders aus: nun plötzlich ist das gesamte Wirtschaftsleben betroffen, jeder der daran teilnimmt, hat umfassende Verpflichtungen, es sind Sorgfaltspflichten zu beachten, Sicherungsmaßnahmen zu treffen, sogar ein eigener “Geldwäschebeauftragter” ist für bestimmte Branchen vorgeschrieben. Die Identität des Vertragspartners ist zu überprüfen (KYC-rules; Know Your Costumer), es sind Informationen über Zweck und angestrebte Art der Geschäftsbeziehung zu klären, vor allem aber, ob und gegebenenfalls für wen der Vertragspartner handelt. All diese Informationen sind aufzuzeichnen und fünf Jahre aufzuheben. Bestehen Verdachtsmomente muss das Bundeskriminalamt eingeschaltet werden.

Wem jetzt auffällt, dass ich hier nur über das deutsche Recht spreche, hat nur auf den ersten Blick recht, denn der wahre Urheber all dieser Regelungen ist die Europäische Union (EU), die ihren Mitgliedern auferlegt hat, ihre Richtlinien in nationales Recht umzusetzen. Zum Thema Geldwäsche gibt es inzwischen die bereits fünfte (!) Richtlinie (die allerdings gerade erst im europäischen Parlament verabschiedet wurde). Damit gilt alles hier Gesagte inhaltlich auch für Spanien. Hier gilt das folgende Gesetz:Ley 10/2010, de 28 de abril, de prevención del blanqueo de capitales y de la financiación del terrorismo, zuletzt geändert im Dezember 2013.

Damit müssen auch wir als Rechtsanwälte, weit bevor wir überhaupt uns der Sorgen und Wünsche der Mandanten annehmen können, erst mal eine Menge Papier abfordern und Informationen erfassen, vielleicht sogar solche, von denen ein Mandant glaubt, das ginge niemanden etwas an.

Im besonderen Maße gilt das hier Gesagte natürlich für Gesellschaften. Eine GmbH oder eine SL im spanischen Recht ist eine eigenständige juristische Person mit Eintrag im Handelsregister und einem dort bezeichneten Geschäftsführer, eigentlich sollte das doch ausreichen, oder? Das ist leider weit gefehlt, denn hier besteht die Verpflichtung, den wahren “wirtschaftlich Berechtigten” (in Spanien: titular real) anzugeben. Das sind natürliche Personen, die mehr als 25 % an einer Gesellschaft halten oder auch bei einer geringen Beteiligung in der Lage sind, eine Kontrolle auszuüben.

Die gleiche Verpflichtung gilt natürlich auch für Notare, so dass jegliche Gesellschaft, die vor einem Notar eine Transaktion protokollieren möchte, verpflichtet ist, anzugeben, wer die wahren wirtschaftlich Berechtigten sind. Das klingt auf den ersten Blick einfach, ist es aber nicht immer. Manchmal sind die Gesellschafter einer Gesellschaft wieder andere Gesellschaften, aber damit darf sich kein Anwalt oder Notar zufriedengeben, er muss so lange diese Kette nachverfolgen, bis er schließlich zu einer natürlichen Person mit Pass und Adresse kommt. Das alles ist in einer eigeständigen notariellen Urkunde festzuhalten. Falls es keinen Beteiligten gibt, der 25 % hält (beispielsweise bei fünf Gesellschaftern, die jeweils 20 % halten) gilt der Geschäftsführer der Gesellschafter als wirtschaftlich Berechtigter, wodurch ein eigentlich völlig unbeteiligter Angestellter der Gesellschaft in die Haftung genommen wird.

Eine weitere Verschärfung dieser Regelungen gilt seit dem vergangenen Jahr in Spanien: nun sind auch im Rahmen der Einreichung der Jahresabschlüsse von Gesellschaften auch dort deren wirtschaftlich Berechtigten anzugeben, wobei die EU ihre Mitgliedsländer verpflichtet hat, diese Daten in ein Register aufzunehmen.

Die oben erwähnte fünfte Richtlinie, die in den kommenden 18 Monaten von den Mitgliedsländern umgesetzt werden muss, verpflichtet sogar, diese Angaben in ein öffentliches Register aufzunehmen. Damit verlieren alle Kapitalgesellschaften jegliche Anonymität, jeder Interessent wird immer leicht feststellen können, welche Person hinter einer Gesellschaft steht. In Deutschland geht das, allerdings gegen Bezahlung, schon heute: www.gwg24.de. Ausgenommen sind natürlich alle Gesellschaften die an der Börse gehandelt werden.

Komisch eigentlich, während die Staaten einerseits den Schutz der Privatsphäre hochhalten und der Datenschutz politisch einen hohen Stellenrang hat, sind sie auf der anderen Seite von einer geradezu irrsinnigen Sammelwut befallen. 

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