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Lohnfortzahlung in Spanien bei Krankheit
Die in Spanien wirklich besorgniserregende Arbeitslosigkeit von 25 %, ( bei Jugendlichen sogar bis zu 50 % ) wird oft in den Kommentaren darauf zurückgeführt, dass das spanische Arbeitsrecht zu unflexibel, vor allem aber zu arbeitnehmerfreundlich sei. Für die Vergangenheit mag dies zumindest teilweise richtig gewesen sein, wenn man die in der Tat überzogenen Abfindungsansprüche spanischer Arbeitnehmer betrachtet, die bis 2012 noch bei 45 Arbeitstagen pro Arbeitsjahr lagen.
Die Reduzierung der Abfindung auf 33 Arbeitstage durch das Gesetz 3/2012 vom 06. Juli, bei mit Verlust arbeitenden Unternehmen sogar auf 20 Tage hat hier zu einer deutliche n Verbesserung geführt In Deutschland gibt es üblicherweise ein halbes (Brutto-) Monatsgehalt , also 15 Tage pro Arbeitsjahr .
Übersehen wird dabei aber, dass spanische Arbeitnehmer in anderen Bereichen deutlich schlechter gestellt sind als ihre deutschen Kollegen. Dies gilt insbesondere für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. In Deutschland gilt in diesen Fällen das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) aus dem Jahre 1994. Das vergleichbare Gesetz für Spanien zeigt schon vom Begriff her eine andere Denkrichtung: „Verordnung zur Regelung bei vorübergehender Verhinderung zu Erbringung der Arbeitsleistung“ (Orden de 13 de octubre 1967) . Während schon der Titel des deutschen Gesetzes darauf hindeutet, dass es darum geht, bei einer Krankheit des Arbeitnehmers die Weiterzahlung seines Gehaltes sicher zustellen, wird in Spanien der Schwerpunkt auf die Tatsache gelenkt, dass der Arbeitnehmer seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung nicht nachkommt. Dies wird noch verstärkt durch Art. 45.1 c) des spanischen Arbeitsgesetzes (Estatuto de los Tr abajadores; E.T.), wonach die Erkrankung eines Arbeitnehmers als vorübergehende Unterbrechung seines Arbeitsvertrages definiert wird, wobei allerdings gemäß Art. 48.1 E.T. sein Arbeitsplatz reserviert bleiben muss. Diese unterschiedliche Herangehensweise zeigt sich auch bei den Rechtsfolgen einer Erkrankung:
Was die Handhabung bei Krankheitsbeginn angeht, gibt es zunächst Übereinstimmung: die Arbeitsunfähigkeit muss unverzüglich dem Arbeitgeber angezeigt werden und, falls sie andauert, durch eine ärztliche Bescheinigung nachgewiesen werden, die innerhalb von 3 Tagen nach Beginn der Krankheit vorgelegt werden muss.
Was die Lohnansprüche des Arbeitnehmers angeht, gibt es allerdings erhebliche Unterschiede:
1. Aus Sicht des deutschen Arbeitnehmers ist die Regelung ebenso verblüffend einfach wie positiv: der Arbeitgeber muss sechs Wochen lang den Lohn unverändert weiterzahlen, ab der 7. Woche erhält er von seiner Krankenkasse ein Krankengeld. Eine gelegentliche, auch wiederholte Erkrankung von ein paar Tagen schmälert also in keiner Weise seine Einkünfte. Gleichzeitig kann sich der deutsche Arbeitgeber nach dem so genannten Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) bei der Krankenkasse des Arbeitnehmers durch Zahlung einer Umlage quasi gegen derartige Krankheitsfälle versichern. Im Krankheitsfall erhält er dann von der Krankenkasse einen Teil (ca. 80 %) des von ihm weiterge zahlten Gehaltes zurück .
2. In Spanien ist das völlig anders, leider auch erheblich komplizierter:
- In den ersten drei Tagen eine Erkrankung hat der Arbeitnehmer gar keinen Lohnanspruch; entsprechend werden diese Fehltage am Monatsende vom Gehalt abgezogen.
- Vom 4. bis zum 15. Tag einer Erkrankung muss der Arbeitgeber 60 % des Basisgehalts (base de cotización) zahlen, also das bei der Sozialversicherung gemeldete Jahresgehalt mit allen Nebenleistungen geteilt durch 12.
- Vom 16. bis zum 20. Krankheitstag wird der gleiche Betrag gezahlt, nun aber von der Sozialversicherung (Seguridad Social).
- ab dem 21. Krankheitstag zahlt die Sozialversicherung weiter, nun aber 75 % statt 60 % des Basisgehalts.
Sonderregelungen gelten für Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten. Auch Tarifverträge können leicht abweichende Regelungen festsetzen .
In Deutschland müssen bei der Weiterzahlung des Gehaltes auch alle Zulagen, beispielsweise Nachtarbeit einbezogen werden, Überstunden gehören allerdings nicht dazu.
In Spanien sind die zu zahlenden Beträge durch das bei der Sozialversicherung angemeldete Basisgehalt exakt definiert. Aber was ist beispielsweise mit der Dienstwohnung, die als Teil des Gehaltes zur Verfügung gestellt wird? Hier ist die gesetzliche Regelung eindeutig: der Anspruch auf die Dienstwohnung geht erst mit der rechtsverbindlichen Auflösung des Arbeitsvertrages verloren, so dass die Nutzung während der durch die Krankheit ausgelöste vorübergehenden Unterbrechung des Arbeitsvertrages nicht eingeschränkt wird. Auch die Betriebszugehörigkeit (antiguedad) läuft während der Erkrankung weiter.