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Das Gebäudebuch (El "Libro del Edificio")
Man kann sich sicher fragen, ob alles, was so von der EU und/oder spanischer Bürokratie ersonnen wird, wirklich Sinn macht, aber die gesetzliche Pflicht, dass zu jeder Immobilie von der ersten Übertragung an ein „libro del edificio“ (Gebäudebuch) geführt werden muss, ist außerordentlich sinnvoll. Jeder neue Eigentümer oder Mieter wird sehr dankbar sein, wenn er zum einen eine Liste aller am Bau beschäftigten Handwerker hat (hätte), sei dies zur Geltendmachung von Garantieleistungen oder schlicht als Informationsquelle, und zum anderen alle Bedienungs- und Wartungsanleitungen. Erklärte Absicht des Gesetzgebers ist es, die Instandhaltung und Pflege der Immobilie, die Geltendmachung von Garantieansprüchen, die sachgemäße Wartung und Reparatur von Haustechnik einfacher und effektiver zu gestalten.
Was umfasst das Libro del Edificio? Es handelt sich um eine Zusammenstellung folgender Unterlagen:
- Angaben zu den Beteiligten, insbesondere zu Bauherr, Bauunternehmer und Architekt
- Baupläne und ggf. ergänzende Informationen über eventuell vorgenommene Umbauten, Reparaturen oder Sanierungen
- Garantien und Gewährleistungsansprüche
- Bauabnahme
- Liste aller Unternehmer und Handwerker, die am Bau tätig waren
- Handbuch über den Gebrauch, die Wartung und Pflege des Gebäudes (oder der Gemeinschaftsanlage im Falle von Eigentümergemeinschaften), beispielsweise zur Heizung, Klimaanlage, Sprinkleranlage im Garten oder der Pooltechnik.
Bei der Aufstellung wird das gesamt Gebäude nebst den Gemeinschaftszonen, Parkplätzen sowie den Wohn- und auch gewerblich genutzten Einheiten umfasst.
Bereits durch das Dekret 59/1994 vom 13. Mai (BOIB 28.05.1994) por el que se regula el control de calidad de la edificación y su uso y mantenimiento wurden auf den Balearen erste gesetzliche Maßnahmen zur Überprüfung der Qualität der Bebauung, Gebrauch und Wartung von Immobilien eingeführt. Hier wurden allerdings lediglich die Pflichten der Architekten und Bauleiter geregelt, aber weder die Rechte des Erwerbers und Eigentümers geregelt noch kommt der Begriff des libro del edificio vor.
Erstmals in Art. 7 des spanischen Baugesetzes vom 5. November 1999, (Ley 38/99 de Ordenación de la Edificación, im folgenden LOE) taucht der Begriff des “Libro del Edificio” auf. (Dieses Gesetz heute gültig in der Fassung vom 01.01.2016). Die rechtliche Tragweite wurde allerdings schon damals im Gesetzestext nicht definiert, es blieb bei der Aufzählung der gesetzlichen Verpflichtungen.
Der Schutzbereich des Gesetzes war sicherlich vor allem auf Eigentümergemeinschaften gerichtet, bei denen oft umfangreiche Gemeinschaftsanlagen und technische Einrichtungen vorhanden waren, deren genaue Beschreibung für eine ordnungsgemäße Wartung und Unterhaltung zwingend erforderlich war. Mit dem Decreto 35/2001 vom 9. März 2001 por el que se establecen medidas reguladoras del uso y mantenimiento de los edificios (BOIB 17.03.2001) wurde das LOE für den Bereich der Balearen umgesetzt.
Mit dem Dekret 77/2012 vom 21. September hat die Regierung der Balearen das schon oben erwähnte Dekret 59/1994 aufgegriffen und dessen Art. 9 neu gefasst, dies allerdings nur im Verhältnis der mit der Bauausführung Verantwortlichen und dem Bauherrn. Diese müssen dem Bauherrn gegenüber nachweisen und bestätigen, dass im Rahmen der Bauüberwachung eine Qualitätsüberprüfung durchgeführt wurde, dies mit den entsprechenden Nachweisen. Diese Unterlagen sind zwingend zur Erstellung der Baufertigstellungsbescheinigung (certificado final de obra) erforderlich und damit auch verpflichtender Bestandteil des „libro del edificio“. „Esta documentación tiene que pasar a formar parte del libro de edificio“, so wörtlich, mit anderen Worten, das Gebäudebuch gibt es also wirklich.
Dies ist der vom Gesetz vorgeschriebene Ablauf:
Der Bauleiter (director de la obra), im spanischen Recht also meistens der Architekt, ist verpflichtet ist, dem Bauherrn oder Bauträger alle zur Erstellung des libro del edificio erforderlichen Unterlagen wie oben beschrieben zur Verfügung zu stellen, Arts. 6.2. und 12 f) LOE.
Nach Übergabe dieser Unterlagen ist es Aufgabe des Bauherrn, die entsprechenden verwaltungsrechtlichen Erklärungen abzugeben, insbesondere die Neubauerklärung (declaración de obra nueva terminada) oder die notarielle Bau-Fertigstellungserklärung (acta notarial de terminación de obra). Sodann hat er dem neuen Eigentümer alle „Dokumente zur Bauausführung sowie alle weiteren gesetzlich geforderten Unterlagen zu übergeben“ (Art 9.2. e) LOE).
Art. 20.1 a) Ley 8/07 de 28 de Mayo, del Suelo (Bodengesetz; LS) geht sogar noch etwas weiter und verpflichtet darüber hinaus jeden Hauseigentümer und Verkäufer, neben den Unterlagen zur Bauausführung auch alle Versicherungen und Gewährleistungen an zukünftige Erwerber zu übergeben. Etwas problematisch ist allerdings, dass diese Vorschrift nicht ausdrücklich das „libro del edificio“ erwähnt. Hier heißt es nur in allgemeiner Form, dass durch Dokumente und Unterlagen nachgewiesen werden muss, dass “alle gesetzlichen Voraussetzungen zur Übergabe von Gebäuden an die Endnutzer “ („el cumplimiento de todos los requisitos impuestos por la legislación reguladora de la edificación para la entrega de ésta a sus usuarios“) erfüllt sein müssen. Gehörte da auch das „libro del edificio“ dazu?
Diese gesetzliche Unklarheit wurde beseitigt durch ein Resolución/circular (Rundschreiben/Beschluss) der Generaldirektion der Register und Notariate (Dirección General de los Registros y Notariado; DGRN) vom 26.07.2007, wo in Abs. 6 ganz klar geregelt wird, dass es sich dabei um die 10-Jahres-Versicherung (seguro decenal) und um das „libro del edificio“ handelt. Der genannte Beschluss macht deutlich, dass weder der Notar berechtigt, noch der Grundbuchrichter verpflichtet ist, entsprechende Protokollierungen bzw. Eintragungen vorzunehmen wenn beide Dokumente nicht vorgelegt werden. Für die Zehn-Jahres-Versicherung ist dies in Art. 20 LOE klar geregelt.
Die Eigentümer einer Immobilie oder die Eigentumsgemeinschaft sind verpflichtet, das „Libro del Edificio“ aufzubewahren, wichtige Informationen oder Ergänzungen in dieses einzutragen (beispielweise größere Reparaturen, Umbauten oder Sanierungen, die an dem Gebäude vorgenommen wurden) und es an spätere Erwerber der Immobilie weiterzugeben.
Allerdings fand das „Libro del Edificio“ in der Praxis bisher nur geringe Beachtung. Während bisher weder die LOE noch das Decreto 35/2001 bzw 77/2012 der Balearen Vorschriften für den Fall, dass gesetzeswidrig ein solches Buch nicht existiert enthielten hat sich dies nun deutlich geändert. Das neue Baugesetz der Balearen (Ley 5/2018, de 19 de junio, de la vivienda de las Illes Balears stuft in Art. 87 die Nichtvorlage des Gebäufebuches als „schweren Verstoß“ (infracción gave) ein, mit Bussgeld von 3.001 € bis 30.000 €.