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Die Verjährung in Spanien
Sowohl im deutschen wie auch im spanischen Recht gibt es den Begriff der „Verjährung“ (prescripción). Was darunter zu verstehen ist, weiß man auch ohne große Rechtskenntnisse: Wenn die Verjährung eintritt, muss der Schuldner nicht mehr zahlen. Aber da es Juristen gern kompliziert machen heißt das nicht etwa, dass der Anspruch auf Zahlung erlischt, sondern (nur), dass der Schuldner das Recht hat, die Leistung zu verweigern. Die Verjährung führt also nicht zum Erlöschen des Anspruchs, sondern zur Begründung eines dauernden Leistungsverweigerungsrechts. Das hat unter anderem zur Folge, dass sich der Schuldner sowohl in Spanien als auch in Deutschland ausdrücklich auf die Verjährung berufen muss, das heißt, er muss die Verjährungseinrede erheben.
Der Sinn und Zweck der Verjährung besteht in erster Linie darin, Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zu schaffen. Niemand soll auf Ewigkeit mit Ansprüchen belastet werden, erst recht dann nicht, wenn sich der Gläubiger nicht darum kümmert. Daher ist es sowohl für einen Gläubiger als auch für einen Schuldner besonders wichtig, zu wissen, welche Verjährungsfristen gelten und vor allem auch, wie die Frist berechnet wird.
Beginn der Verjährungsfrist
Im spanischen Recht beginnt die Verjährung gem. Art. 1969 Código Civil am Ende des Tages der eigentlichen Fälligkeit. Entsprechend ist der erste Tag der Verjährung identisch mit dem ersten Tag nach Fälligkeit. Das ist in Deutschland völlig anders: dort beginnt die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch fällig geworden ist. Somit verjähren die meisten Ansprüche in Deutschland am 31. Dezember um 24.00 Uhr.
In Deutschland wie in Spanien tritt Verjährung dann ein, wenn der letzte Tag der Frist vollständig abgelaufen ist.
Etwas anders ist das bei Gerichtsurteilen: Art. 1971 Código Civil regelt, dass die Verjährungsfrist mit der Rechtskraft des Urteils beginnt, also wenn kein Rechtsmittel mehr gegen das Urteil eingelegt werden kann.
Dauer der Verjährungsfrist
Leider ist es so, dass die Verjährungsfrist nicht immer ein fester Zeitraum ist, denn sie kann unter bestimmten Voraussetzungen verlängert werden. Dabei gibt es sowohl eine„Unterbrechung“, aber auch eine„Hemmung“ der Verjährungsfrist.
Eine Verjährungsunterbrechung liegt dann vor, wenn durch bestimmte Maßnahmen die Verjährungsfrist von neuem zu laufen beginnt. Der Gläubiger kann das herbeiführen zum einen, indem er den Schuldner nachweisbar (mittels Burofax oder notarielle Benachrichtigung) zur Leistung auffordert oder aber durch das Einreichen einer Klage beim Gericht, wobei die Frist mit dem Eingang der Klage beim Gericht unterbrochen wird.
Aber auch das Verhalten eines Schuldners kann eine Verjährungsunterbrechung zur Folge haben, z.B., wenn er eine Handlung vornimmt, durch die er die Zahlungsverpflichtung anerkennt; das kann zum Beispiel durch die Zahlung der laufenden Zinsen geschehen.
Eine Verjährungshemmung hingegen bedeutet hingegen, dass der Lauf der Verjährung für die Zeit des Hemmungsgrundes angehalten wird und danach die Frist weiterläuft. In Deutschland wird die Verjährung für die Dauer von Verhandlungen zwischen Gläubiger und Schuldner gehemmt. Im spanischen Recht spielt die Verjährungshemmung keine praktische Rolle, das wäre nur bei Epidemien, Krieg oder Revolution der Fall.
Allgemeine Verjährungsfrist
Im Unterschied zu Deutschland, wo die allgemeine Verjährungsfrist lediglich 3 Jahre beträgt (aber wie oben ausgeführt erst am Ende des Jahres der Fälligkeit beginnt), gelten in Spanien nach der Reform des Verjährungsrecht im Jahr 2015 längere Verjährungsfristen. Bis 2015 betrug die allgemeine spanische Verjährungsfrist noch 15 Jahre. Nachdem am 7. Oktober 2015 das neue Gesetz in Kraft getreten ist, verjähren Ansprüche grundsätzlich in 5 Jahren.
Besondere Verjährungsfristen
Eine kürzere Frist von nur 3 Jahren gilt für Ansprüche von Richtern, Anwälten und Notaren. Allgemeine Gewährleitungsansprüche aus einem Kaufvertrag verjähren in 6 Monaten. Ansprüche an Immobilien – wie etwa Übergabe des Besitzes an einem Grundstück– verjähren in 30 Jahren und Ansprüche aus einer Hypothek in 20 Jahren.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die spanischen Verjährungsregelungen durchaus unterschiedlich zum deutschen Recht sind, ein Gläubiger tut gut daran, rechtzeitig seine Ansprüche geltend zu machen.
Autor: Dr. Armin Reichmann / Inga Abramova