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Ein Rechtsanwalt für Tiere?
Was würden Sie davon halten, wenn Sie das Schreiben eines Rechtsanwaltes in Ihrem Briefkasten vorfinden würden, das mit dem Text beginnt: „Ihre Labrador-Hündin Ilka hat mich mit der anwaltlichen Wahrnehmung ihrer Interessen bevollmächtigt. Meine Mandantin wirft Ihnen Misshandlung und Körperverletzung vor und hat mich mit der Erstattung einer entsprechenden Strafanzeige und Geltendmachung von Schmerzensgeld beauftragt."
Ist das wirklich nur eine alberne Idee? Natürlich wäre es allzu leicht, alles damit abzutun, dass ein Hund wohl kaum eine Vollmacht unterschrieben, bzw. dem Anwalt seine Sorgen geschildert hätte. Vielleicht lohnt es sich aber doch, vorher kurz nachzudenken. Immerhin ist es so, dass der Gesetzgeber in Deutschland auch Tieren einen besonderen Schutz gewährt. Sogar das deutsche Grundgesetz regelt in Art. 20 a:" Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsgemäßen Ordnung". Und das deutsche Zivilgesetzbuch BGB schreibt in § 90 a BGB: "Tiere sind keine Sachen. Sie werden durch die besonderen Gesetze geschützt." „Gleiche Rechte" wurden aber auch schon früher von klugen Menschen eingefordert: „Gott wünscht, dass wir den Tieren beistehen, wenn sie der Hilfe bedürfen. Ein jedes Wesen in Bedrängnis hat gleiche Rechte auf Schutz" (Franz von Assisi 1182–1226).
Leider steht in der spanischen Verfassung nichts zum Tierschutz, es gibt nicht einmal ein umfassendes nationales Gesetz dazu, sondern es sind die Comunidades Autonomas die hierzu ganz unterschiedliche Regelungen getroffen haben.
Wenn es aber so ist, dass Tiere sogar gesetzliche Rechte haben, muss es auch die Möglichkeit geben, diese Rechte einzuklagen bzw. diejenigen zu verfolgen, die diese Rechte missachten, denn ansonsten wären die entsprechenden Gesetze völlig überflüssig.
Und wer ist nun mal in unserer Welt dafür da, für die Rechte anderer zu kämpfen? Na klar ein Rechtsanwalt. Und muss ein Tier wirklich diesem Rechtsanwalt haarklein erzählen, was ihm an seinem Leben nicht so gefällt? Die Biologie und die Verhaltensforschung sind heute herausragende und weitentwickelte Wissenschaften, die uns sehr genau sagen können, wie ein Tier gerne leben möchte. Wer einen Eisbär in einen Tierfilm gesehen hat, weiß doch sehr genau, dass dieser arme Kerl keinesfalls in Mitteleuropa in einem Zoo oder gar in einem Zirkus leben möchte.
"Artgerecht" sollte der alleinige Maßstab sein, und wie dieser auszulegen ist, ist heutzutage hinreichend erforscht (aber dennoch nicht so leicht zu akzeptieren). Natürlich ist es nicht schön, wenn die eigene eigentlich gut versorgte Katze einen Singvogel erledigt oder der schon einmal erwähnte Eisbär ein süße Robbenbaby verspeist, aber das liegt nun einmal in der Natur dieser Tiere, die man akzeptieren muss, nicht aber, dass Kälber während ihres kurzen Lebens nicht einen Tag auf einer Weide verbringen und das Tageslicht sehen dürfen, dass Hühner zu Tausenden in Baracken eingesperrt bleiben, Schweine tagelang durch Europa gekarrt werden (nur um zum Schlachter gefahren zu werden) klar, wenn Tierschutz missachtet wird, dann vor allem im der Nutztierhaltung.
Bei der Haltung von Haustieren mag eine Misshandlung eher die Ausnahme sein. Wo aber Haustiere verniedlichend „mascota" genannt werden, findet eine unangebrachte Vermenschlichung statt, die eben mit artgerechter Haltung nichts mehr zu tun hat. Die (Un-) Fähigkeit beides zu unterscheiden definiert das Dilemma.
Selbst hier in Mallorca würde man sich manchmal wünschen, dass ein Anwalt im Interesse von Tieren eingreift: Erst vor wenigen Tagen wurde ein Trab-Rennpferd in Manacor von seinem „Besitzer" totgeschlagen (!), weil es in einem Rennen wegen Galoppierens disqualifiziert worden war, große Hunde die in einem kleinen Apartments gehalten werden, und nur einmal am Tag eilig ums Carré geführt werden, na und vom Stierkampf will (soll) ich erst gar nicht reden. Der Stier wird definitiv nicht gefragt, hat keine Chance. Wenn der arme Stier in der Arena von gleich mehreren Menschen brutal gequält wird, sollte man ihm doch wenigstens auch zugestehen, einen zweiten oder dritten Leidensgenossen bei sich zu haben; 2 oder 3 Stiere gleichzeitig in der Arena, das würde doch den Unterhaltungswert erheblich steigern, oder?
Darf man überhaupt vom "Eigentümer" eines Tieres zu sprechen? Das würde ja den Schluss zulassen, dass dieser Eigentümer mit dem Tier alles machen könnte was er wolle. Es ist gerade zwei Monate her, dass ein Pferdebesitzer in Deutschland einen "Tätowierungsservice für Tiere" als Gewerbe anmelden wollte. Quasi als Werbe- und Marketing-Maßnahme hatte er vor, seinem Pony das bekannte Rolling Stones Motiv mit der herausgestreckten Zunge auf den hinteren Oberschenkel zu brennen. Vor Gericht verteidigte er sich damit, er wolle das Tier doch nur kennzeichnen und seine wirtschaftlichen Interessen fördern. Das Oberverwaltungsgericht stellte jedoch klar, dass einem Tier keinerlei Schmerzen oder Leiden zugefügt werden dürfen, das genau aber geschähe beim Tätowieren. Und dann kommt der entscheidende Satz: "Der Schutz der Tiere hat Vorrang, nicht die persönlichen oder wirtschaftlichen Interessen des Klägers". Das Pony hatte wirklich Glück, es hat auch ohne Anwalt gewonnen.
Ist ist alles nur Fantasie? Keineswegs! In der Schweiz, die den wohl den höchsten gesetzlichen Tierschutz hat, gab es über Jahre im Kanton Zürich einen „Anwalt für Tiere". Er hatte in Hunderten von Fällen misshandelten Tieren geholfen, bis sein Amt per Volksentscheid abgeschafft wurde, leider. Richtig bleibt die Idee in jedem Fall.
Der von mir sehr geschätzte Bob Dylan ist nicht nur ein ausgezeichneter Sänger und Komponist, sondern auch ansonsten ein kluger Mann. Er hat mal gesagt: "Wenn Hunde reden könnten, würde niemand mehr einen haben wollen!"