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Löschung von Dienstbarkeiten im spanischen Recht
Das spanische Grundbuchrecht bereitet gelegentlich erhebliche Probleme dann, wenn es um die Bewertung und gegebenenfalls Löschung von Dienstbarkeiten geht.
Folgender Ausgangsfall:
Im Grundbuch wird Ende des 19. Jahrhunderts in Mallorca eine Parzelle mit einer Fläche von mehr als 1.000.000 m² im Grundbuch eingetragen. Zur Sicherung der Zuwegung werden den verschiedenen Nachbargrundstücken Zugangs- und Wegerechte eingeräumt (oft gegenständlich beschränkt auf die Benutzung mit Pferden oder Pferdekarren).
Diese Parzelle wird nun im Laufe der Jahrzehnte, sei es durch Erbfälle oder durch Teilverkäufe immer weiter parzelliert. Dabei werden die auf dem Ursprungsgrundstück lastenden Wegerechte für jede einzelne neue Parzelle mit übernommen. Auf spanisch gibt es dafür den treffenden Begriff „arrastrar las cargas“ (Mitschleppen der Belastungen). Dies mag auf den ersten Blick unverständlich sein, rührt aber aus zwei Besonderheiten des spanischen Rechtes: zum einen müssen bei jeder Übertragung, sei dies durch Kaufvertrag, Erbschaft oder eben Parzellierung eines Grundstückes alle auf dem Ursprungsgrundstück bestehenden Belastungen mitübernommen werden. Zum anderen besteht oft nach Jahrzehnten keine Möglichkeit mehr, den genauen Verlauf des ursprünglichen Wegerechtes zu identifizieren. Dies liegt daran, dass es in Spanien kein funktionierendes Katastersystem gibt (der „catastro“ ist etwas völlig anderes und hat vor allem steuerliche Funktionen).
Da viele neue Eigentümer sich mit dieser Situation abfinden, kommt es in der Folge dazu, dass auch bei zeitlich späteren weiteren Parzellierung und Abverkäufen zur erneuten Übernahme im Grundbuch der genannten Wegerechte kommt. Dies führt zu der letztlich kuriosen Situation, dass im Ergebnis bei sämtlichen Teilparzellen, die aus dem Ursprungsgrundstück herausparzelliert wurden, ein Wegerecht eingetragen wird, obwohl diese überwiegend hiervon in keiner Weise betroffen sind. Vergleichbares gilt im Übrigen auch für Leitungs- und Wasserrechte.
Es kann daher im Ergebnis leicht vorkommen, dass man bei dem geplanten Erwerb einer Immobilie in Spanien auf einer Parzelle von 1.000 m² gleich mehrere Dienstbarkeiten vorfindet, deren Entstehung oft nur mit einem immensen Aufwand herausgefunden werden kann. Andererseits wird ein kritischer Erwerber sich kaum mit den Beteuerungen des Verkäufers abfinden, dies seien veraltete Eintragungen, wert- und sinnlos. Seine berechtigte Forderung, diese Belastungen unverzüglich löschen zu lassen, kann der Verkäufer aus den genannten Gründen kaum nachkommen.
Eine gewisse Hilfe bietet in diesen Fällen Art. 546 des spanischen Zivilgesetzbuches (código civil), der die Löschung von Dienstbarkeiten regelt. Nach dieser Vorschrift können Dienstbarkeiten gelöscht werden, wenn sie entweder seit mehr als 20 Jahren nicht mehr genutzt werden (dies gilt also für alle nicht genutzten Dienstbarkeiten die vor 1989 eingetragen worden wären), bzw. dann wenn die beteiligten Grundstücke so verändert worden wären, dass eine Nutzung der Dienstbarkeit unmöglich geworden wäre. Die Dienstbarkeit lebt allerdings dann wieder auf, wenn durch weitere Veränderungen der Grundstücke die Nutzbarkeit wieder möglich würde.
Ein entsprechender Nachweis muss durch notarielle Urkunde geführt werden. Da eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung erfolgen muss, die das Grundbuch anweist, die Löschung der Dienstbarkeit vorzunehmen, sollte man sich über die Zeitabläufe keine Illusionen machen. Auch wegen der erforderlichen Zustellungen an alle beteiligten Parteien wird ein solches Verfahren erhebliche Zeit in Anspruch nehmen.