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Mythos „Residencia“

Rechtliches Grundwissen
23 Januar 2019

Ein Begriff, den man nicht schöner hätte erfinden können: “Residencia”, ein eleganter Begriff, der auf der Zunge zergeht; das klingt nach einem edlen Wohnsitz („Residenz“) und so ist es kein Wunder, weshalb viele genau nach diesem ersehnten Stück Papier streben, nämlich der rechtsgültigen Bescheinigung über den Haupt-Wohnsitz in Spanien. Dabei gibt es die alte „tarjeta de residencia“ bereits seit dem 02.04.2007 nicht mehr. Damit ist natürlich der alte Charme schon etwas verloren gegangen. Dennoch: man kann sich immer noch in das Ausländerregister (Registro de Extranjeros) eintragen lassen. Das geht ganz einfach: Reisepass, Kopie, Antragsformular “Solicitud de certificado de registro de residencia comunitaria“. Nicht zu verwechseln mit dem Formular EX 15, mit dem nur die spanische Steuernummer NIE beantragt wird.

Nun weiß jeder, der damit nicht nur im Freundeskreis angeben will, dass die residencia kein Lottogewinn ist, sondern damit auch Pflichten verbunden sind. Natürlich ist es großartig, dass man zu vergünstigten Konditionen auf das Festland fliegen kann, aber es gibt auch einige bedenkenswerte Nachteile, über die man sich im Klaren sein sollte.

Entscheidend ist zunächst, dass mit dem Erhalt der „residencia“ jeder Zweifel über den (auch steuerlichen) Hauptwohnsitz der fraglichen Person ausgeräumt wird: („residente comunitario permanente“). Die residencia ist also nichts anders als der Wechsel zum spanischen Steuerbürger und das bedeutet, dass dieser residente Steuerpflichtige von nun an in Spanien sein gesamtes Welteinkommen versteuern muss, also damit auch mögliche Einnahmen aus Deutschland zB Zinsen, Mieten o.ä. Der deutsche Staat hat jetzt nur noch ein eingeschränktes Besteuerungsrecht und kann gegebenenfalls eine pauschale Quellensteuer auf die deutschen Einkünfte erheben.

Was die Einkommensteuer angeht mögen die Unterschiede eher gering sein, aber mit der Vermögenssteuer, mit der der deutsche Steuerbürger gottlob nichts zu tun hat, liegt man als Residenter deutlich schlechter.

Der steuerliche „Umzug“ nach Spanien hat unter anderem zu Folge, dass der neue spanische Steuerbürger verpflichtet wird, sein vollständiges Vermögen (also auch das in Deutschland) spezifiziert anzugeben. Insoweit ist das berüchtigte Formular (modelo) 720 auszufüllen. Erfreulich ist das nicht.

Auch muss man jedem „Residenten“ dringend davon abraten, mit einem Auto mit deutschem Kennzeichen zu fahren, gerade die entsprechenden Kontrollen haben in den letzten Monaten zu erheblichem Unmut unter den Deutschen geführt. Wenn also Freunde aus Deutschland zu Besuch kommen, setzt man als Fremdenführer besser auf dem Beifahrersitz.

Der Nicht-Residente hingegen, der nur eine Mietwohnung in Spanien hat und sonst über keinerlei Einkünfte in Spanien verfügt, muss hier gar keine Steuererklärung abgeben; ist er Eigentümer eines Hauses, beschränken sich seine Steuerpflichten auf die jährliche Grundsteuer (IBI), Einkommensteuer für die fiktive Nutzung des eigenen Hauses und gegebenenfalls Vermögensteuer, damit kann man leben.

Diese Erkenntnisse helfen aber dann wenig weiter, wenn aufgrund der Rechtslage kein Handlungsspielraum gegeben ist. Rechtsgrundlage ist Art. 9 des spanischen Steuergesetzes (Ley 35/2006, de 28 de noviembre, del Impuesto sobre la Renta de las Personas Físicas y de modificación parcial de las leyes de los Impuestos sobre Sociedades, sobre la Renta de no Residentes y sobre el Patrimonio).

Nur wer eine der nachfolgenden drei Kriterien erfüllt ist zwingend spanischer Resident:

  • 1. Aufenthalt in Spanien für mehr als 183 Tage, “sporadische Abwesenheiten” (ausencias esporádicas ) werden nicht abgezogen;
  • 2. Spanien ist direkt oder indirekt das Zentrum der Geschäftstätigkeit oder der wirtschaftlichen Interessen (núcleo principal o la base de las actividades o intereses económicos, de forma directa o indirecta);
  • 3. Ehepartner, von dem man nicht getrennt lebt und unterhaltsberechtigte minderjährige Kinder leben in Spanien (Gegenbeweis ist zulässig)

Hierzu im einzelnen:

zu 1. Eigentlich sollte man meinen, dass es doch nicht so schwer sein kann, bis 183 zu zählen, aber was ist bloß mit “sporadischer Abwesenheit” gemeint? Leider gibt es hierzu keine allgemeingültige Antwort. Den verschiedenen gerichtlichen Entscheidungen kann man allerdings entnehmen, dass es darauf ankommt, ob der Betreffende seinen (Haupt-) Wohnsitz Spanien nur gelegentlich (für Geschäft- oder Urlaubsreisen) verlassen hat, um immer wieder hierher zurückzukehren oder ob es eher umgekehrt abgelaufen ist. Eindeutig ist lediglich, dass eine Abwesenheit von mehr als sechs Monaten nicht mehr als "sporadisch" gewertet wird. Ebenso ist anerkannt, dass es dann auf eine gelegentliche Abwesenheit nicht mehr ankommt, wenn eine Steuerbescheinigung eines anderen Staates vorgelegt werden kann. Ausgenommen sind die sogenannten Steueroasen (paraísos fiscales), hier ist Andorra bei Spaniern besonders beliebt. In diesen Fällen muss zusätzlich nachgewiesen werden, dass sich der Steuerpflichtige definitiv dort mehr als 183 Tage im Jahr aufgehalten hat.

zu 2. Leider ist der Begriff “ Zentrum der wirtschaftlichen Aktivitäten” schwer zu fassen, und wo die “wirtschaftlichen Interessen” liegen, kann eigentlich nur der Betroffene selbst sagen. Anhaltspunkte sind natürlich insoweit der Umfang des Immobilienbesitzes, Beteiligungen an spanischen Gesellschaften und der Ort deren Geschäftsleitung. Aus praktischer Sicht sollte man sich allerdings nicht zu lange mit Auslegungsfragen beschäftigen: entscheidend ist, ob der Steuerpflichtige in einem anderen Land in größerem Umfang als in Spanien geschäftlich oder unternehmerisch tätig ist.

zu 3. Selbst wenn die ersten beiden Bedingungen nicht zutreffen wird eine Residenteneigenschaft dennoch unterstellt, wenn der Ehepartner mit minderjährigen unterhaltsberechtigten Kindern in Spanien lebt. In diesen Fällen wird eine weit überwiegende Verbindung zu Spanien unterstellt, als dies mit jedem anderen Land der Fall sein könnte. Voraussetzung ist in diesen Fällen natürlich, dass der Ehepartner und die minderjährigen Kinder ebenfalls mehr als 183 Tage im Jahr in Spanien leben. Insoweit ist ein allerdings Gegenbeweis zulässig. 

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