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Time Sharing
Wer in Spanien Immobilieneigentum erwerben, aber nicht die enormen Beträge aufbringen kann oder will, die bei dem Erwerb einer Immobilie erforderlich sind, hat eine günstige und auf den ersten Blick verblüffend einfach Alternative, das „time sharing“ (spanisch: „Multi-propiedad“). Zugegeben, deren Blütezeiten sind vorbei, aber dennoch wird dieses Produkt nach wie vor angeboten und hat vor allem Erfolg in den angelsächsischen Ländern.
Was ist überhaupt Timesharing? Hier wird nicht die Immobilie selbst erworben, sondern viel mehr das Nutzungsrecht für einen bestimmten Zeitraum. Auf diese Art und Weise kann man beispielsweise die ersten beiden Wochen im August in einer schönen Ferienanlage in Südspanien „erwerben“, na ja, nicht ganz, denn ein Immobilienkauf findet hier natürlich nicht statt. Dieses Recht kann man dann, je nach Einzelfall, z. B. für 20 oder 99 Jahre oder aber dauerhaft ausüben, auf den ersten Blick durchaus charmant; schlagkräftiges Verkaufsargument: „Warum wollen Sie die Kuh kaufen, wenn Sie nur ein Steak essen wollen“.
Der geforderte „Kaufpreis“ pro Woche erscheint überschaubar, 10.000-25.000 € kann das kosten, die Raten kann man möglicherweise aufbringen, in England oder USA werden parallel Lebensversicherungen angeboten, mit denen der Erwerb finanziert wird.
Die Vertragsgestaltung fordert hingegen die ganze Fantasie eines Juristen. Wie will man denn im Grundbuch ein zeitlich beschränktes Nutzungsrecht für eine Wohnung eintragen, und zwar gleich für 20 oder 30 „Eigentümer“? Die verblüffend einfache Regelung dient nicht gerade der Rechtssicherheit des Erwerbers: Grundbucheigentümer wird ein Club, eine Firma oder ein Treuhänder, der wiederum prächtig aufgemachte Zertifikate an die Erwerber verteilt, mit denen deren Nutzungsrecht verbrieft wird. Aus rechtlicher Sicht gilt dieses Zertifikat leider nur im Verhältnis zum Aussteller, dem man also nur die Daumen für sein wirtschaftliches Überleben drücken kann, denn wenn der insolvent wird, ist es mit dem Nutzungsrecht vorbei. Dies führt dazu, dass Timesharing Verträge sehr umfangreich, komplex und nur sehr schwer zu durchschauen sind. Um das Ganze attraktiver zu gestalten, wird dem Kunden das Recht eingeräumt, sein Nutzungsrecht zu tauschen, Florida statt Gran Canaria, das klingt doch gut.
Warum also hat das Timesharing in Deutschland dann überhaupt einen so schlechten Ruf? Vor allem sind es die Wildwestmethoden, mit denen der Vertrieb erfolgt. Potenzielle Kunden werden im Urlaub am Strand oder im Restaurant angesprochen unter dem Vorwand einer Meinungsumfrage oder es werden kostenlose Lose verteilt, die zur Überraschung einen ansehnlichen Gewinn beinhalten, oft die Teilnahme an einer Party mit freiem Essen und Getränken, einschließlich kostenlosem Taxi-Transport. Entsprechend geht es mit (noch) prächtiger Laune in eine weit entfernte Anlage und dort beginnt dann eine aggressive Verkaufstour, der die angeblichen Gewinner kaum entkommen können. Es wird die einmalige Chance gepriesen, eine unglaubliche Investition zu tätigen, (nur heute!) gibt es unglaubliche Preisnachlässe und wer jetzt nicht sofort unterschreibt ist selbst schuld, mit der Kreditkarte oder der EC-Karte kann bequem die Anzahlung geleistet werden. Die Vermittler legen sich nicht ohne Grund mächtig ins Zeug, denn es werden sagenhafte Provisionen bezahlt, bis zu 25 %.
Was die eigentlich charmante Möglichkeit des Eintauschs des Nutzungsrechtes angeht, wird sich bald Ernüchterung breitmachen, denn als Erstes muss man einem Tausch-Club beitreten, der jährliche Gebühren verlangt, zudem ist das keinesfalls ein Eintausch 1 : 1, sind die Anlagen überhaupt vergleichbar, vielleicht ist ein Aufpreis zu bezahlen.
Und wie ist es denn mit dem Kaufpreis, ist der denn wirklich so attraktiv, wie die Vertriebsleute seinerzeit behaupteten? Das lässt sich glücklicherweise leicht nachrechnen. 1994 errechnete das Landgericht Duisburg einen durch Timesharing erzielten Quadratmeterpreis von umgerechnet ca. 10.000 € für eine Wohnung, während bei einem vollständigen (Allein-) Eigentumserwerb allenfalls 1.000 € fällig gewesen wären.
Auch die laufenden Kosten sind unverhältnismäßig hoch, eine Sache ist, eine Wohnanlage mit 10 Wohnungen und 10 Eigentümer zu verwalten, doch wenn die gleiche Anlage nicht 10 Eigentümer, sondern wie beim Timesharing gleich 250 „Eigentümer“ hat, die alle angeschrieben, organisiert, Zahlungen eingetrieben und verwaltet werden müssen?
Aber war nicht eingangs die Rede davon, dass der Erwerb eines Timesharing-Nutzungsrechtes eine gute Geldanlage sei? Auch das ist relativ einfach mit einer Binsenwahrheit zu beantworten: Eine gute Geldanlage ist die Investition in ein Produkt, für das es eine hohe Nachfrage gibt und im Idealfall viele Kaufinteressenten, die sich wechselseitig beim Preis überbieten. Alles das trifft für Timesharing nicht zu. Die teuer erworbenen zwei Wochen im August sind in der Praxis unverkäuflich, selbst der anfangs doch so begeisterte Verkäufer steht nicht einmal für einen Rückkauf zur Verfügung, bleibt also nur verschenken oder vererben, beides keine besonders charmanten Optionen.
Nun kommt die Immobilie auch irgendwann einmal in die Jahre und es sind Sanierungen und Renovierungen fällig, die auf ALLE (!) Timeshare-Eigentümer umgelegt und natürlich auch von allen bezahlen werden müssen, damit die Maßnahmen durchgeführt werden können. Wenn dann, gerade bei von arglosen Urlaubern geradezu abgepressten Unterschriften der ein oder andere keine Lust mehr hat, überhaupt irgendetwas zu bezahlen, wird die Wartung der Anlage leiden und der Pool mit der Zeit eine grünliche Farbe annehmen.
Na gut, hat man halt eine missglückte Urlaubsreise gebucht und muss sich damit abfinden, aber nicht einmal das stimmt. Bei einer Pauschalreise würde das deutsche Reisevertragsrecht gelten und man könnte den Reisepreis mindern, wenn die gebuchte Unterkunft mangelhaft wäre, aber in der „eigenen“ Anlage? Das kann man beim Timesharing vergessen.
Nach so vielen Nachteilen muss es doch auch irgendwo einen Vorteil geben? Aber ehrlich gesagt, den gibt es nicht.
Insbesondere wegen der aggressiven Vertriebsmethoden wurden im deutschen BGB zum 01.01.2002 die Paragrafen 481 bis 487 eingefügt, die diese Auswüchse verhindern sollen. Diese Vorschriften gelten, wenn Wohnrechte für die Dauer von mehr als einem Jahr eingeräumt werden sollen.
Der Verkäufer von Timesharing-Nutzungsrechten muss umfangreiche vorvertragliche Informationen in Textform zur Verfügung stellen. Diese müssen klar und verständlich sein. Die Vertragsunterlagen müssen in der Sprache des Landes des Verbrauchers abgefasst sein. Der Verbraucher hat ein Widerrufsrecht mit einer Frist von 14 Tagen. Besonders wichtig! Vor Ablauf dieser Frist darf der Verkäufer keinerlei Zahlungen anfordern. Sämtliche hier genannten gesetzlichen Vorschriften sind zwingend und es darf nicht davon abgewichen werden.
Paragraf 482 Abs. 3 regelt ausdrücklich, dass ein solches Wohnrecht „... nicht als Geldanlage beworben oder verkauft werden“ darf. Deutlicher kann man es nicht sagen.