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Der mallorquinische „pacto sucesorio“, ein Steuermodell auch für Nicht-Residente?
Wenn man als Anwalt oder Steuerberater ganz sicher die Aufmerksamkeit seines Mandanten gewinnen will, muss man nur auf Möglichkeiten zur Steuerersparnis hinweisen. Am besten auf solche, die kaum bekannt sind. Mit diesem Wissen kann man einerseits mit seinen besonderen Fähigkeiten als Berater punkten und zum anderen den Mandanten mit der Aussicht auf Steuerersparnis begeistern.
Eine solche Chance hat sich vor kurzem, allerdings beschränkt auf Mallorca, aufgetan im Hinblick auf eine dramatische Reduzierung der Steuern, die im Rahmen der Übertragung von Vermögen von einer Generation auf die nächste entstehen. Die hier entdeckte Wunderwaffe heißt „pacto sucesorio“. Diesen Begriff könnte man ganz einfach mit „Erbvertrag“ übersetzen, (was auf den ersten Blick schon passt, denn im deutschen Rechtskreis wird auch der lateinische Begriff „pactum successorium“ verwendet), aber von der Funktion her wäre das doch sehr kurz gegriffen. Mit einem Erbvertrag nach deutschem Recht trifft der Erblasser mit seinen Erben eine Vereinbarung darüber, wie das Erbe nach seinem Tod geregelt werden soll, während mit dem „pacto sucesorio“ des mallorquinischen Rechts Vermögen der Eltern bereits zu deren Lebzeiten auf die Kinder übertragen wird, eine „vorweggenommene Erbschaft“ wäre ev ein passender Begriff.
Geregelt ist dieser Begriff nicht etwa im allgemeinen spanischen Zivilrecht, dem código civil, sondern vielmehr in Art. 50 der „Zusammenstellung des Zivilrechts der Balearen“ (DLeg 79/1990 de 6 de Sep, compilación del derecho civil balear). Wer den Text liest, ahnt zunächst nichts Böses, denn dort heißt es etwas verkürzt übersetzt:
„… Durch einen pacto sucesorio können Abkömmlinge und Pflichtteilsberechtigte auf alle Erbrechte oder auf einen Pflichtteilsanspruch, der ihnen in der Nachfolge ihrer direkten Vorfahren zustehen könnte, verzichten, sofern diese Bürger von Mallorca sind, und zwar als Gegenleistung für eine Schenkung oder Zuwendung, die sie zu einem früheren Zeitpunkt erhalten hätten.“
Das klingt zwar etwas sehr verdreht, aber wo soll da ein Steuervorteil versteckt sein? Egal ob man die Übertragung von Vermögen von den Eltern auf die Kinder nun als eine Schenkung oder vorweggenommene Erbschaft betrachtet, steuerlich ist das relativ gleichgültig, denn das entsprechende Gesetz (Impuesto sobre Sucesiones y Donaciones; ISD) besteuert vergleichbar Schenkungen und Erbschaften (bei direkten Nachkommen bis 700.000 € durchaus moderat mit 7 % bzw. zu 1 %).
Der „Turbo-Effekt“ einer Steuerersparnis entsteht hingegen an ganz anderer Stelle, nämlich bei der Einkommensteuer. Jede Schenkung wird nämlich zusätzlich durch den der Einkommensteuer unterliegenden Wertzuwachs belastet, der bei dem Schenkenden zwischen dem Erwerb und der schenkungsweisen Übertragung entstanden ist. Insoweit aber hat ein Urteil des Tribunal Supremo (252/2016) vom 9.Februar 2016 und des zentralen Verwaltungsgerichts vom 2. März 2016 große Freude ausgelöst. Dort wurde nämlich, zwar nicht bezogen auf den mallorquinischen pacto sucesorio, sondern auf ein vergleichbares Recht in Galizien (apartación) entschieden, dass es sich hier um ein Rechtsgeschäft von Todes wegen handele und daher der Wertzuwachs nicht zu versteuern sei.
An dieser Stelle lohnt es sich durchaus, die Vorteile einmal zusammenzufassen:
Auch wenn die Vereinbarung pacto sucesorio heißt, so ist es in der Praxis eine Schenkung unter Lebenden. Die Kinder werden zu Lebzeiten der Eltern Eigentümer von Vermögensgegenständen (vornehmlich Immobilien), der Wertzuwachs seit Erwerb durch die Eltern bleibt steuerlich außer Betracht. Wenn also Eltern zB vor 30 Jahren, möglicherweise mit den damals noch üblichen Zahlungen in „B“, nach heutiger Umrechnung für wenige tausend € eine Immobilie erworben hatten, die heute einen Wert von über 1 Million € hat, an die Kinder übertragen, so fällt bei diesem Vorgang nur eine bescheidene Erbschaftssteuer an. Wenn aber die Kinder unmittelbar danach zu diesem zuletzt genannten Preis weiterverkaufen, ist keine Einkommensteuer zu bezahlen. Die Eltern ersparen also im Vergleich zu einem Direktverkauf die eigentlich fällige Einkommensteuer.
Auch bei der Vermögenssteuer kann die Übertragung von Vermögen an die Kinder zu einer Entlastung bei den Eltern führen.
Zwar sollte man nicht unerwähnt lassen, dass der Begünstigte die im oben zitierten Art 50 erwähnte „Gegenleistung“ dadurch erbringen muss, dass er entweder einen Pflichtteilsverzicht erklärt (definición), dann sind spätere und zusätzliche Verfügungen von Todes wegen möglich, ebenso wie weitere Zuwendungen an den Beschenkten oder Dritte, oder er (der in diesem Fall nicht zwingend ein Abkömmling sein muss), unwiderruflich als Erbe eingesetzt wird (donación universal), aber das ist sicherlich kein unüberwindliches Hindernis. Die erste Variante eröffnet damit ganz nebenbei die erfreuliche Möglichkeit, 700.000 € Wert für 1 % zu Lebzeiten im Wege des pacto sucesorio zu übertragen und weitere 700.000 € zu ebenfalls 1 % zu vererben. So könnte Vermögen von 1,4, Mio € mit einer abschließenden Steuerbelastung von gerade einmal 14.000 € auf die Kinder übergehen, klar, dass ein solches Steuermodell eine enorme Anziehungskraft ausübt.
Bei derart attraktiven Möglichkeiten haben sich findige Berater die Frage gestellt, ob diese Regelung nicht auch auf nicht residente deutsche Ferienhausbesitzer anzuwenden sei. Hatte nicht der Europäische Gerichtshof auf eine absolute Gleichstellung gedrängt?
An dieser Stelle ist allerdings allergrößte Vorsicht geboten: der oben zitierte Gesetzestext spricht, auf die Person des Übertragenden bezogen, unmissverständlich von „Bürgern von Mallorca“, was für einen deutschen Ferienhausbesitzer wohl kaum gelten dürfte. Einen Gleichbehandlungsanspruch mag man mit guten Argumenten für deutsche Residenten, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Mallorca haben, einfordern können, aber ein Nicht- Residenter will ja gerade eben nicht, vornehmlich aus steuerlichen Gründen, „Bürger von Mallorca“ werden. Ganz nebenbei unterwirft man sich ja auch mit einem pacto sucesorio sogar ganz ausdrücklich spanischem Erbrecht, will man das wirklich?
Auch sollte man im Auge behalten, dass der spanische Gesetzgeber bereits jetzt fieberhaft an einer Neuregelung des Einkommensteuergesetzes (IRPF) arbeitet, wonach in den Fällen eines pacto sucesorio bei einem Weiterverkauf durch den Begünstigten die volle Einkommensteuer dann wieder auflebt, wenn zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs der Übertragende noch lebt. Falls eine solche Regelung noch 2019 Gesetz werden sollte, würde dieses sicherlich rückwirkend ab 01. Januar 2019 gelten.
Für Residenten mag der pacto sucesorio eine überlegenswerte Option darstellen, dies mit dem Wissen und dem Risiko einer sicher irgendwann anstehenden Gesetzesänderung. Wer Nicht- Residenter ist, sollte allerdings von diesem Modell die Finger lassen.