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Der “traspaso”, die Übernahme von gewerblichen Mietverträgen im spanischen Recht
Wer in Spanien Geschäftsräume kaufen oder übernehmen will, steht oft vor der Wahl zwischen dem Eigentumserwerb der Immobilie vom Verpächter oder aber der Übernahme des bestehenden Pachtvertrages vom Pächter. Für die letztere Variante gibt es in Spanien den Begriff des sogenannten “traspaso”, so dass man an Geschäftshäusern neben dem bekannten Schild “SE VENDE” oft auch das Angebot “SE TRAPASA” findet. Im letzteren Fall handelt es sich immer um einen laufenden Geschäftsbetrieb, also beispielsweise eine Boutique, ein Restaurant oder eine Bar.
Was einen eventuellen Erwerb angeht so will ich hier keine weiteren Ausführungen machen, denn hier gelten die klassischen Regeln eines Immobilienkauf, über den ich schon oft genug berichtet habe, allenfalls verbunden noch mit gegebenenfalls einzuholenden Lizenzen für den Geschäftsbetrieb selbst.
Es gibt leider gelegentlich die irrige Auffassung, mit einem traspaso erwerbe man auch Grund und Boden, aber das ist völlig falsch, denn Vertragspartner ist (nur) der Pächter, der ja kein Eigentum verschaffen kann.
Entsprechend geht es bei einem “traspaso” zum einen um den Eintritt in einen bereits bestehenden Pachtvertrag, zum anderen um den Erwerb des von dem derzeitigen Pächter eingebrachten Inventars wie aber eines möglichen goodwill. Der “traspaso” passt also dann besonders gut, wenn man einen laufenden Geschäftsbetrieb mit dem gleichen Geschäftszweck und dem gleichen Namen weiterführen will.
Diese Vertragsstruktur ist in Spanien im Mietgesetz (Ley de Arrendamientos Urbanos 29/94, hier in Art 32) ausdrücklich geregelt, wobei dort allerdings der im allgemeinen Sprachgebrauch übliche Begriff des “ traspaso” ersetzt wurde durch den etwas allgemeineren Begriff der “Abtretung” (cesion).
Wenn wir uns nun die beiden Facetten dieser Transaktion betrachten so ist zunächst zu klären, was denn mit dem bestehenden Pachtverhältnis geschieht. Natürlich muss der Übernehmer diesen Pachtvertrag sehr genau prüfen, denn er steigt zu fast den exakt gleichen Konditionen ein wie der bisherige Pächter. Das gilt für die Laufzeit und die sonstigen Konditionen, leider aber (und deswegen sage ich „fast“) nicht für die zu zahlende Pacht. Der Verpächter ist nämlich im Falle der Übernahme des Pachtverhältnisses durch einen Dritten berechtigt, die Pacht um 20 % zu erhöhen (bzw. 10 % wenn es sich nur um eine Teilübernahme handelt).
Weitere Voraussetzung für die Ausübung des traspaso ist es, dass in dem Pachtvertrag diese Möglichkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen wäre, denn insoweit könnten die Parteien des ursprünglichen Pachtvertrages entweder ein vollständiges Verbot eines traspaso aufnehmen oder beispielsweise eine Beteiligung des Verpächters an dem vereinbarten Erlös. Auch dies ein weiterer Grund für den Übernehmer, den bestehenden Pachtvertrag sehr exakt zu prüfen.
Schließlich muss der bisherige Pächter dem Verpächter die Übertragung des Pachtvertrages innerhalb einer Frist von einem Monat mitteilen. Dies ist naturgemäß besonders wichtig, weil ja ab dem Zeitpunkt der Übernahme der Verpächter einen neuen Vertragspartner erhält. Insoweit ist dringend zu empfehlen, hier eine beweissichere Zustellungsform zu wählen, wie beispielsweise burofax oder notarielle Zustellung.
Sind alle diese Voraussetzungen erfüllt, wird der Übernehmer zum Pächter und tritt in eine direkte Vertragsbeziehung mit dem Verpächter. Hier liegt also der wesentliche Unterschied zu einer Unterverpachtung, die auch im spanischen Recht ohne weiteres möglich ist (es sei denn, sie sei im Hauptvertrag ausdrücklich ausgeschlossen worden). Bei einer Unterverpachtung bleibt nämlich das ursprüngliche Pachtverhältnis und die daraus resultierenden Pflichten zu Lasten des Pächters vollständig aufrechterhalten und ein neues Vertragsverhältnis zwischen dem Pächter und dem Unterpächter hinzukommt; anders ist es bei dem „traspaso“, wo der bisherige Pächter vollständig als Vertragspartner ausscheidet.
Wenden wir uns nun dem anderen Aspekt zu, der im Rahmen eines traspaso zu regeln ist, nämlich dem Vertrag zwischen Pächter und Übernehmer, mit dem Inventar, Lager oder sonstige Gegenstände verkauft werden. Möglicherweise wird auch für den goodwill ein eigener Preis festgesetzt, d.h. für die Übernahme der Stammkundschaft oder der Fortführung des Namens des Lokals. Es handelt sich hier um einen völlig eigenständigen Vertrag, wobei die hieraus resultierenden Zahlungen direkt an den Pächter gehen, der Verpächter hat hierauf, anders als im früher geltenden Recht von vor 1994, keinen Anspruch.
Besondere Formvorschriften für diesen Vertrag sind nicht zu beachten. Es ist eine Rechnung zu erstellen, für die weder Übertragungsteuern noch Umsatzsteuer IVA zu bezahlen ist, wobei dies nur dann gilt, wenn der Geschäftsbetrieb im Ganzen übertragen wird. Unabhängig davon muss natürlich der Übertragung der Pächter den möglicherweise erzielten Gewinn im Rahmen seiner Einkommensteuer berücksichtigen
Es ist wichtig zu wissen, dass im Falle eines traspaso die Angestellten des Geschäftsbetriebes mit allen Rechten und Pflichten und damit auch der Betriebszugehörigkeit an den neuen Pächter übergehen.