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Die „firma electronica“, der Kontakt zu spanischen Behörden auf elektronischem Wege

28 September 2020

In den letzten Jahren hat sowohl im Privat- wie auch im Geschäftsleben die Übermittlung elektronischer Daten statt des althergebrachten Postbriefes an Bedeutung gewonnen. So ist es keine Überraschung, dass Behörden schon aus Kostengründen darauf drängen, alle erforderliche Korrespondenz sowie Zustellungen jeglicher Art auf elektronischem Wege durchführen zu können.

Mit dem Gesetz 39/2015 vom 1. Oktober wurden erstmals juristische Personen, also insbesondere die S.L. und die S.A., dazu verpflichtet, ausschließlich auf elektronischem Wege zu korrespondieren. Gleiches gilt für Organisationen ohne Rechtspersönlichkeit wie etwa Eigentümergemeinschaften wie auch für Berufsträger, Personen also, bei denen die Eintragung in eine Kammer Bedingung für die Tätigkeit ist. Das betrifft also vor allem Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater und Architekten.

Nach dem erfolgreichen Probelauf und der Überwindung der unvermeidlichen Anpassungsschwierigkeiten sind nun auch die natürlichen Personen dran, die sich, derzeit allerdings nur auf freiwilliger Basis, diesem Verfahren anschließen können. Entscheidendes Hindernis vor einer gesetzlichen Verpflichtung ist es natürlich, dass derzeit die hierzu erforderliche Hardware noch nicht in jedem Haushalt vorhanden ist, noch weniger technische Kenntnisse, was die Konfiguration angeht, aber andererseits ist es unvermeidlich, dass sich auch diese Personengruppe so langsam an diese Form der Kommunikation gewöhnen muss, ebenso wie man sich ja auch inzwischen an das Online Banking gewöhnt hat.

Die erste Hürde, die es zu überwinden gilt ist die Einrichtung einer sicheren Identifizierung des Empfängers, was durch die sogenannte „firma electronica“ oder „firma digital“ (elektronische Unterschrift) erfolgt. Hierzu gibt es zwei unterschiedliche Verfahren bei zwei verschiedenen Organismen:

Über die nationale Münzgesellschaft (Fabrica Nacional de Moneda y Timbre), Unterabteilung CERES (http://www.fnmt.es/ceres).

Dieses Verfahren wird üblicherweise von Gesellschaften und Berufsträgern verwendet.

Ein etwas einfacheres System bietet CL@VE an (https://clave.gob.es/clave_Home/clave.html).

Die Verwendungsmöglichkeiten der „firma electronica“ sind sehr vielfältig, so dass es in einem zweiten Schritt erforderlich ist, sich bei jeder einzelnen Behörde anzumelden („dar de alta“), denn man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Gesprächspartner auf staatlicher Seite ganz unterschiedlich, mit völlig unterschiedlichen Zuständigkeiten sein können: da gibt es

  • das zentralstaatliche Finanzamt (Hacienda Estatal), die Agencia Tributaria, www.agenciatributaria.es,
  • das Finanzamt der jeweiligen Provinz (Comunidad Autónoma), im Falle der Balearen also die ATIB (www.atib.es)
  • gegebenenfalls die lokale Gemeinde. Da viele Gemeinden in Mallorca technisch nicht hinreichend ausgestattet sind haben diese die Abwicklung ihrer lokalen Steuern dem regionalen Finanzamt ATIB übertragen.
  • Sollen Arbeitnehmer eingestellt werden muss ein Kontakt zur Sozialversicherung hergestellt werden www.seg-social.es.
  • Das allgemeine Postfach (Direccion Electronica Habilitada (http://notificaciones.060.es) für Finanzamt und Gerichte

Diese Liste ist nicht abschließend. Jede Behörde und jede Provinz handhabt die Anmeldung ggf unterschiedlich, da heißt es anfragen und Voraussetzungen anfordern. Besonders in sich hat es das zuletzt genannte Postfach 060. Hier haben sich inzwischen sogar Gerichte eingeklinkt, die über dieses Postfach zustellen, ein durchausfragwürdiges Verfahren wie ich meine, denn wie zugestellt werden muss steht doch in der Zivilprozessordnung Ley de Enjuiciamiento civil)

Ist die Anmeldung einmal erfolgt entsteht, schon im eigenen Interesse die Pflicht, gelegentlich nachzuschauen, auch wenn alle elektronischen Zustellungen üblicherweise zur Sicherheit vor ab per E-Mail oder SMS angekündigt werden, denn hat eine Behörde einmal eine Benachrichtigung in das Postfach eingelegt, gilt die Zustellung nach 10 Tagen als bewirkt.

Risiken und Nachteile gibt es allerdings auch, denn man sollte sich auch darüber im Klaren sein, dass eine Vielzahl von Behörden der öffentlichen Verwaltung, wie beispielsweise Finanzamt, Sozialversicherung oder die Gemeinden diese Zustellungsform mit der Wirkung einer verbindliche Zustellung und damit ggf dem Beginn eines Fristlaufes nutzen. Tricksereien mit dem Ziel einer Vermeidung einer Zustellung, Berufung auf einen Wohnsitzwechsel werden nun nichts mehr nutzen.

Lohnt es sich denn auch für eine Privatperson, beispielsweise den Eigentümer einer Ferienwohnung, sich diesem System anzuschließen? Diese Frage kann man durchaus bejahen. Auch als Immobilieneigentümer gibt es eine Reihe von Vorgängen, die man im Laufe des Jahres mit Behörden erledigen muss, ich nenne hier die Grundsteuer, Einkommensteuer, Müllgebühren, Kfz-Steuer.

Damit man nicht gleich abgeschreckt wird, nennt sich diese Weise hergestellte Zugang „cartero virtual“ (elektronischer Briefträger), die sich ein Passwort und PIN persönlich bei der Gemeinde zuteilen lassen oder mich über die oben beschriebenen Verfahren der elektronischen Unterschrift bzw. bei CL@VE.

Behördenkram aller Art erledigen zu müssen ist immer ärgerlich, aber praktisch ist es schon, wenn man die lästige Abwicklung und Bezahlung von zu Hause aus erledigen kann.

Das klingt zwar auf den ersten Blick kompliziert und wer das alles nicht selbst machen will (oder kann), der hat es noch einfacher, das alles kann auch ein Steuerberater oder Rechtsanwalt übernehmen.

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