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Rechtsnatur und gesetzliche Regelung der Hypothek
Obwohl das spanische Recht einen Numerus Clausus der Sachenrechte im Sinne des deutschen Rechtes nicht kennt, ebenso wenig wie ein forderungsunabhängiges Grundpfandrecht, hat in der Praxis lediglich die streng akzessorische Hypothek Bedeutung und zwar ausschließlich in der Form der Buchhypothek.
Anders als im deutschen Recht ist die Immobiliarhypothek nur ansatzweise im Zivilgesetzbuch (C.C.) geregelt. Dort sind in den Arts. 1857 bis 1862 C.C. und Art. 1874 bis 1880 C.C. lediglich einige grundlegende Vorschriften enthalten. Das materielle Recht der Hypothek ist in einem eigenen Gesetz, der Ley Hipotecaria (L.H.), dort in den Arts. 104 bis 197 L.H. geregelt.
Das formelle Hypothekenrecht ist im wesentlichen in der Durchführungsverordnung zum Hypothekengesetz (Reglamento Hipotecario, R.H.), dort in den Art. 215 bis 271 R.H. enthalten.
Die Hypothek kann nicht nur an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten bestellt werden können. Gemäß Art. 106, 107 L .H. können unter anderem mit einer Hypothek belastet werden:
- Verwaltungskonzessionen, wie zum Beispiel Schürfrechte und Eisenbahnkonzessionen oder Nutzungsrechte in den Küstenzonen, z.B. Yachthäfen;
- das Erbbaurecht (derecho de superficie).
Die Hypothek im spanischen Recht ist im Wesentlichen durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
- Die Hypothek ist streng akzessorisch. Sie folgt somit dem Schicksal der gesicherten Kausalforderung;
- Die Hypothek kann nur in Bezug auf fremde und übertragbare Sachen bestellt werden. Eine Eigentümerhypothek gibt es entsprechend im spanischen Recht nicht;
- Die Hypothek entsteht mit der Eintragung in das Grundbuch. Der Eintragung kommt mithin konstitutive Bedeutung zu. Diese Regelung, die sich mit dem deutschen Recht deckt, stellt für das spanische Recht kein durchgängiges Prinzip dar. Vielmehr vollzieht sich der Eigentumserwerb an Grundstücken außerhalb des Grundbuchs durch privatschriftlichen oder notariellen Vertrag;
- Die Hypothek ist unteilbar.
1. Arten der Grundpfandrechte
Wie in Deutschland sind auch in Spanien in der Praxis die Vertragshypotheken von größerer Bedeutung. Im spanischen Recht wird eine dem deutschen Recht vergleichbare Einteilung in Verkehrs- und Sicherungshypotheken vorgenommen. Die Vertragshypotheken sind gesetzlich geregelt in den Arts. 138 ff. L.H., wobei Art. 141 L.H. für die Sonderform der einseitigen Hypothekenbestellung die Voraussetzungen im Einze lnen aufzählt.
a) Die Verkehrshypothek
Bei den vertraglichen Hypotheken wird im Immobilienbereich praktisch ausschließlich die Verkehrshypothek (hipoteca de tráfico, hipoteca ordinaria) verwendet. Sie sichert eine bei Bestellung feststehende meist (Darlehns -) Forderung sowie gegebenenfalls Zinsen, Verzugszinsen und Kosten (costas y gastos).
b) Sicherungshypothek / Höchstbetragshypothek
Bei der Sicherungshypothek (Art. 153 L.H.; Art. 153 bis L.H., Arts. 245 ff. R.H.) wird eine Forderung abgesichert, die nur in ihren Grundzügen, insbesondere mit ihrem Höchstbetrag, zur Eintragung ins Grundbuch gelangt, und deren tatsächliche Höhe sich aus außerhalb des Registers liegenden Tatsachen ergibt.
Die Höchstbetragshypothek wurde aus der Sicht ihrer ursprünglichen historischen Funktion zur Absicherung von Kontokorrentkrediten verwendet. Später gewannen sie ihre Bedeutung im Rahmen von Krediten in fremder Währung zur Absicherung des Wechselkursrisikos.
Die Höchstbetragshypothek wurde durch das Gesetz 41/2007 vom 7. Dezember aus ihrem Dornröschenschlaf aufgeweckt. Dies erfolgte durch die Einfügung eines Art. 153 bis. L.H.
Aufgrund dieser Vorschrift wurde es für Banken und Sparkassen ermöglicht, Höchstbetragshypotheken auch in der Weise zu bestellen, dass nicht nur eine, sondern auch mehrere, sogar zukünftige Verpflichtungen im Rahmen der Höchstbetragshypothek abgesichert werden können. Hier verlässt man also erstmals im spanischen Recht den festen Boden der strengen Akzessorietät und lässt zu, dass unter dem Dach einer Höchstbetragshypothek mehrere auch zukünftige Forderungen abgesichert werden können. Damit wird vor allem ermöglicht, dass die abgesicherte Forderung ersetzt oder ausgetauscht werden kann, ohne dass die Hypothek gelöscht und danach neu bestellt werden muss.
Gewisse Unterschiede ergeben sich zwischen den beiden hier behandelten Hypothekenarten im Falle der Vollstreckung. Dies betrifft die Festsetzung des Schuldsaldos. Während bei einer Verkehrshypothek die Feststellung des Saldos aus der Urkunde selbst leicht nachvollziehbar festzustellen ist, ist aufgrund der Rechtsnatur der Forderung im Falle einer Höchstbetragshypothek eine gesonderter Nachweis erforderlich. Falls der Gläubiger eine Bank, Sparkasse oder ein anderes Kreditinstitut ist, kann dieser den Schuldsaldo durch eine entsprechende Bankbescheinigung (certificación bancaria) feststellen; der Schuldner hat aber gegen diese Saldofeststellung ein Widerspruchsrecht (Art. 153 VI, L.H.). Durch dieses Widerspruchsrecht wird dem Schuldner zumindest theoretisch die Möglichkeit eröffnet, das Vollstreckungsverfahren zu verzögern.
c) Hypothek mit beschränkter Haftung
Diese Form der Hypothek ist gesetzlich in Art. 140 L.H. geregelt.
Die Vorschrift erlaubt die Beschränkung der Haftung auf ein bestimmtes, mit einer Hypothek belastetes Grundstück, unter Ausschluss der persönlichen Haftung des Schuldners.
Diese Form der Hypothek hat in den letzten Jahren erheblich an praktischer Bedeutung gewonnen, insbesondere bei der Finanzierung von Immobilienfonds, da in diesen Fällen der Fonds (mangels Rechtspersönlich) und die Depotbank (mangels Haftungsinteresse) als persönlicher Schuldner nicht in Betracht kommen. In diesen Fällen ist entsprechend Grundlage der Finanzierung nicht die Solvenz des Schuldners, sondern vielmehr die Ertragskraft der belasteten Immobilie (Mieten und Pachten).
d) Gesamthypothek
Eine Gesamthypothek, wie sie das deutsche Recht in § 1132 BGB kennt, gibt es im spanischen Recht nicht. Art. 119 L.H. bestimmt, dass im Falle einer Belastung mehrere Gr undstücke zur Besicherung eines Kredits der Haftungsanteil eines jeden Grundstücks genau angegeben werden muss. Art. 216 R.H. bestimmt daher, dass eine Hypothek auf mehreren Grund stücken nur dann eingetragen werden darf, wenn die anteilmäßige Haf tung genau festgelegt ist. Dieses Prinzip ist in der Literatur nicht unum stritten und wird auch vom Gesetzgeber nicht konsequent durchgeführt. So ist für den Fall, dass ein mit einer Hypothek belastetes Grundstück veräußert wird, keine vorherige Aufteilung der Haftung vorgesehen (Art. 123 L.H.).
e) Hypothek zur Absicherung zukünftiger Forderungen
Auch die Absicherung zukünftiger Forderungen ist zulässig (Art. 142 L.H., Hipoteca en Garantía de Obligaciones Futuras). Die Unbestimmtheit kann sich auf den Bestand und die Höhe der Forderung beziehen, wobei aber Grundzüge (lineas fundamentales) angegeben werden müssen. Die Zulässigkeit dieser Form der Hypothek ergibt sich aus Art. 142 L.H. Nach dem Text des Art. 142 L.H. 'erlangt die Hypothek zur Sicherung zukünftiger Verpflichtungen Wirksamkeit gegenüber Dritten vom Zeitpunkt der Eintragung an, falls die Verpflichtung entsteht'. Das Gesetz sagt nichts darüber aus, inwieweit diese zukünftigen Verpflichtungen im Zeitpunkt der Bestellung der Hypothek bereits konkretisiert sein müssen. Es wird aber allgemein als ausreichend angesehen, daß die Entstehung der Verpflichtung in der Zukunft möglich und wahrscheinlich ist.
f) Hypothek zugunsten mehrerer Gläubiger (Konsortialkredit)
Schon aus dem strengen Akzessorietätsprinzip folgt, dass der Hypothekengläubiger auch gleichzeitig der Forderungsgläubiger sein muss. Hypothekenschuldner und Forderungsschuldner können hingegen auseinander fallen.
Zulässig ist auch die Bestellung einer Hypothek zugunsten mehrerer Gläubiger. Fraglich ist, ob und wie einzelne Gläubiger aus dieser Hypothek vollstrecken können. Vorherrschend ist die Auffassung, dass für alle Gläubiger nur eine einzige Hypothek entsteht, wobei jeder einzelne Gläubiger einen Anteil an dieser Hypothek in Höhe einer bestimmten Quote hat.
Diese herrschende Meinung beruft sich insbesondere auf Art. 227 R.H. ('Es werden als vorrangig die Belastungen betrachtet, die gleichzeitig oder gleichrangig mit dem Anspruch des Antragstellers sind'). Aus dieser Formulierung wird deutlich, daß auch einem einzigen Gläubiger ein Vorgehen aus der Hypothek möglich ist.
g) hipoteca condicionada (bedingte Hypothek)
Hier handelt es sich um eine Sonderform der Höchstbetragshypothek, deren einzige Funktion es ist, die Hypothekensteuer in Höhe von einem Prozent einzusparen. Zu diesem Zweck wird die Hypothek nur zur Absicherung eines Bruchteils der Forderung tatsächlich bestellt und auch im Grundbuch eingetragen, daneben vereinbaren die Parteien, dass die hypothekarische Haftung sich automatisch auf den vollen Forderungsbetrag erhöht, sobald bestimmte Bedingungen eintreten, insbesondere naturgemäß der Zahlungsverzug im Rahmen des Darlehensvertrages. Die Rechtsprechung hält eine solche Bedingung nicht für zulässig (Audiencia Provincial de Barcelona, Sentencia de 17 Jun. 2008). In dem dort entschiedenen Fall wurde die Eintragung der Erweiterung der Hypothek nach Eintritt der Bedingung zurückgewiesen.
h) promesa de hipoteca ( Hypothekenversprechen)
Auch diese Sonderform wurde entwickelt, um die nicht unerhebliche Hypothekensteuer einsparen zu können.
Im Rahmen der Darlehensgewährung findet zunächst keine Hypothekenbestellung statt, vielmehr verspricht der Darlehensnehmer schuldrechtlich im Rahmen des Darlehensvertrages, unverzüglich eine Hypothek zu Gunsten des Gläubigers zu bestellen, sobald bestimmte in der Urkunde definierte Umstände eintreffen, insbesondere natürlich Vermögensverschlechterung oder der Bruch bestimmter „covenants“. Zur weiteren Absicherung des Gläubigers erteilt der Darlehensnehmer zusätzlich eine notarielle Vollmacht zur Bestellung dieser Hypothek zu Gunsten des Gläubigers.
Die „promesa de hipoteca“ ist kein taugliches Kreditsicherungsmittel. Es findet keine Absicherung im Grundbuch statt, andere Gläubiger können eine bessere Rangposition einnehmen, problematisch ist weiter, dass eine eventuell zeitlich späteren Hypothekenbestellung der Anfechtung im Rahmen der Insolvenz unterliegen könnte (Art. 71 3.2. Insolvenzgesetz; Ley 22/2003, de 9 de julio, Concursal).
2. Die Bestellung der Hypothek
a) Bestellungsurkunde
Während der Immobilienerwerb selbst, wie oben dargestellt, auch außerhalb des Grundbuches stattfinden kann, ist die Eintragung der Hypothek im Grundbuch konstitutiv. Da wiederum eine Eintragung im Grundbuch nur aufgrund notarieller Urkunde erfolgen kann, ist die Hypothek in notarieller Form zu bestellen (Art. 145 L.H.).
Die Hypothekenbestellungsurkunde umfasst alle Regelungen des Darlehensvertrages. Die formale Erklärung der Bestellung der Hypothek selbst erfolgt in einer eige nen Klausel, die im Falle einer Verkehrshypothek nur die Darlehenssumme, daneben Vertragszinsen, Verzugszinsen und (Verfahrens-) Kosten umfasst, wobei diese Klausel den dinglichen Haftungsrahmen der Hypothek definiert.
Bedingung für die Eintragung der Hypothek im Grundbuch und damit für ihre Entstehung ist die Bezahlung aller Kosten und Steuern. Für die Eintragung der Hypothek ist gem. ITP/AJD Gesetz eine Steuer zu zahlen, wobei die Bemessungsgrundlage nicht nur die Darlehenssumme, sondern vielmehr auch die mit abgesicherten Zinsen, Verzugszinsen und Kosten darstellt.
b) die einseitige Hypothek (hipoteca unilateral)
Die Hypothek kann auch als einseitige Hypothek (hipoteca unilateral) gem. Art. 141 L.H. bestellt werden. In diesen Fällen wird von dem Darlehensnehmer die Hypothek einseitig bestellt und auch in dieser Form im Grundbuch eingetragen, ohne dass die darlehensgebende Bank mitwirkt. Nimmt die Tilgung des Darlehens einen normalen Verlauf, ändert sich an dieser einseitigen Hypothek nichts; erst wenn Leistungsstörungen auftreten, wird die Bank diese Hypothek annehmen, was durch Randvermerk (nota marginal) im Grundbuch vermerkt wird. Daneben besteht allerdings das geset zliche Recht des Darlehensnehmers (Art. 141 II L.H.), von dem Gläubiger die Annahme der Hypothek zu fordern. Erfolgt eine Annahme innerhalb von einer Frist von zwei Monaten nicht, kann der Darlehensnehmer, wiederum durch einseitige Erklärung, die Hypothek löschen lassen.
3. Die Abtretung der Hypothek
Die Abtretung einer Hypothekenforderung ist in Art. 149 L.H. geregelt: 'Die Hypothekenforderung kann ganz oder teilweise abgetreten oder veräußert werden, soweit dies in einem notariellen Dokument geschieht, von dem dem Schuldner Mitteilung gemacht werden muss'.
Weiterhin muss der Hypothekenschuldner über die Zession benachrichtigt werden, es sei denn, er hat in der Hypothekenbestellungsurkunde auf eine solche Benachrichtigung verzichtet. Entgegen dem Wortlaut des Art. 149 L.H. ist die Benachrichtigung keine Wirksamkeitsvoraussetzung.
Die strenge Akzessorietät der Hypothek in Spanien läßt nur in sehr eingeschränkter Weise die Verwendung bestehender Grundpfandrechte bei einer Umschuldung zu. Tritt nämlich bei ein er Umschuldung ein neuer Gläubiger auf, wird aus der Sicht eines Dritten immer zu prüfen sein, ob die an diesen abgetretene Forderung weiterhin Bestand hat, oder ob es sich nicht vielmehr um eine neue Forderung (Novation) handelt. Im letzteren Fall kann von einem Fortbestand der ursprünglichen Hypothek nicht gesprochen werden. Hinzukommt, daß aufgrund der bereits dargestellten Systematik des spanischen Grundbuchs in weitem Umfang detaillierte Angaben zur (Darlehens-) Forderung gemacht werden, die im einzeln en dem Grundbuch zu entnehmen sind. Schon optisch nimmt daher die Darstellung des Kausalgeschäfts gegenüber der kurzen Klausel über die Bestellung der Hypothek selbst den weit überwiegenden Raum ein. Diese 'optische Akzessorietät' ist nur schwer zu durchbrechen, zumal immer das Risiko besteht, daß nachrangige Gläubiger Einwendungen erheben, die in Konsequenz die erworbenen Sicherungsrechte gefährden können.
4. Umfang der Hypothekenhaftung
Der Hypothekenumfang im spanischen Recht wird zunächst durch den gesetzlichen Mindestumfang (Art. 109, 110 L.H.) definiert (Einbauten, Verbesserungen und Entschädigungsansprüche der Versicherungen). Daneben können die Parteien vereinbaren, u.a. auch Zubehör und Mobilien der Hypothek zu unterwerfen (Art. 111 L.H.). Eine solche Klausel ist in den Hypothekenbestellungsurkunden spanischer Banken grundsätzlich enthalten.
5. Die Löschung der Hypothek
Die strenge Akzessorietät der Hypothek im spanischen Recht findet auch ihren Ausdruck im Löschungsverfahren. Ausgangspunkt ist nämlich die notarielle Quittungserklärung des Gläubigers (carta de pago), in welcher er den ordnungsgemäß Erhalt der Forderung bestätigt. Diese Urkunde wird im Grundbuch eingetragen und darüber hinaus als Randvermerk neben der Eintragung der Hypothekenbest ellung vermerkt.
Eine Umwandlung in eine Eigentümerhypothek oder einer sonstige Nutzbarmachung des auf dieser Weise wegfallenden Ranges ist nicht möglich; die nachfolgenden Rechte rücken auf. Gemäß Art. 76 L.H. wirkt die Löschung der Hypothek gegenüber Dritten erst mit der entsprechenden Eintragung im Grundbuch.