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Unterschiedliche Standesregeln für deutsche und spanische Rechtsanwälte
Innerhalb der EU kann jeder Rechtsanwalt, sofern er bestimmte sprachliche und fachliche Qualifikationen nachweist auch in einem anderen EU-Land seine volle Zulassung beantragen.
Wer die entsprechenden Hürden überwunden hat und wie der Unterzeichner als Rechtsanwalt sowohl in Deutschland wie auch in Spanien zugelassen ist, wird als ersten formalen Akt seiner Zugehörigkeit zur Anwaltschaft des anderen Landes vereidigt. Er muss da bei schwören (in Spanien wie in Deutschland reicht auch ein Gelöbnis), „ …. die Verfassung zu wahren und die Pflichten eines Rechtsanwalts zu erfüllen.“ Er wiederholt damit im Grunde genommen genau diejenigen Zusagen, die er bereits bei der Zulassung zur deutschen Rechtsanwaltschaft gemacht hat.
Allerdings ist die Umsetzung dieser nun doppelt eingegangenen Verpflichtung nicht ganz einfach, weil es doch teilweise tief greifende Unterschiede zwischen den Standesregeln eines Rechtsanwalts in Deutschland und in Spanien gibt. Nachstehend sollen nur einige der wesentlichen Unterschiede herausgestellt werden.
Eher unbedeutend ist es dabei noch, dass man in Spanien eine Zulassungsnummer zu führen hat, dies ist in Deutschland (noch) undenkbar. Als spanischer Rechtsanwalt ist diese Nummer in allen Schriftsätzen anzugeben dazu auch die für ihn zuständige Rechtsanwaltskammer.
Dass und wie eine Handakte zu führen ist, ist im deutschen Recht genau geregelt, einschließlich der Aufbewahrungspflichten. Hierüber gibt es im spanischen Recht überhaupt keine Vorschriften. Während aber im deutschen Recht der Rechtsanwalt die Herausgabe der Handakten an den Auftraggeber verweigern kann, solange seine Gebühren und Auslagen nicht bezahlt sind, steht dieses Recht dem spanischen Rechtsanwalt nicht zu, der also in jedem Fall herausgeben muss.
Während die Gebühren des deutschen Rechtsanwalts in einem Bundesgesetz, dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelt sind, liegt die entsprechende Zuständigkeit in Spanien bei den einzelnen Anwaltskammern, die für die verschiedenen Angelegenheiten und Streitwerte Mindestgebühren festlegen. Das ist aber vom Verfassungsgericht gekippt worden, denn es handele sich dabei um eine Wettbewerbsbeschränkung und Verhinderung eine freien Marktes, verbindliche Regelungen gibt es also (derzeit) nicht.
Leider gibt es zwei wesentliche Unterschiede, die eindeutig zu Lasten der Mandanten gehen:
Für einen deutschen Mandanten dürfte es überraschend sein, dass sowohl die Standes - Ordnung der Rechtsanwälte für Spanien wie auch die der Anwaltskammer der Balearen einem Rechtsanwalt untersagen, die mit dem gegnerischen Anwalt geführte Korrespondenz dem Mandanten offenzulegen oder gar in ein Gerichtsverfahren einzubringen. Der Mandant darf also davon nichts erfahren. Dies erklärt die oft gehörte Beschwerde, man erhalte von dem spanischen Rechtsanwalt keinerlei Kopien des geführten Schriftwechsels. Im Gegensatz dazu ist ein deutscher Rechtsanwalt verpflichtet, den Mandanten unverzüglich über alle wesentlichen Vorgänge informiert zu halten und ihm von allen Schriftstücken Kopien zu übergeben.
Schwer nachvollziehbar auch sind die spanischen Standesregeln im Falle eines Anwaltswechsels. In einem solchen Fall darf der neu beauftragte Rechtsanwalt seine Tätigkeit erst dann aufnehmen, wenn er von dem bisherigen Rechtsanwalt hierzu ausdrücklich autorisiert wird. Diese so genannte „venia“ wird naturgemäß dann oft zu einem Streitpunkt, wenn der bisherige Anwalt, und das ist der Regelfall in der Praxis, als Bedingung hier für noch Honorar zahlungen einfordert. Dies wiederum ist ein ärgerliches Hindernis für den neu eingeschalteten Rechtsanwalt, der mit möglicherweise dringend erforderlichen Maßnahmen im Interesse des Mandanten so lange blockiert ist, als er nicht diese ausdrückliche „venia“ erhält. Erst wenn diese Erteilung in einem vernünftigen Zeitraum (periodo razonable de tiempo) nicht erfolgt, kann der Vorstand der Anwaltskammer eingeschaltet werden, der dann ermächtigt ist, nach Prüfung des Sachverhaltes diese „venia“ zu erteilen. Diese Regelung weist also dem Verhältnis zwischen den Anwälten einen höheren Stellenwert zu als der Verteidigung und Verfolgung der berechtigten Interessen des Mandanten, die Interessen des Kollegen werden also über die des Mandanten gestellt, durchaus fragwürdig .
Im Gegensatz dazu reicht es im deutschen Recht völlig aus, dass der neu beauftragte Rechtsanwalt den bisherigen Rechtsanwalt unverzüglich benachrichtigt.
Was uns Rechtsanwälte trotz aller möglicher Unterschiede allerdings immer einen wird, ist die die in beiden Ländern festgelegten Verpflichtung, vor Gericht eine Berufstracht zu tragen, in Spanien die „ toga“, in Deutschland die Robe, vor Gericht sind wir dann also alle wieder gleich.